Kreuz red 

Am ersten Oktober Wochenende fand die European Open der Asso99 Klasse in Bernau am Chiemsee statt. Insgesamt nahmen mehr als 130 Segler aus sieben Nationen (Italien, Ungarn, Schweiz, USA, Dänemark, Frankreich, Deutschland) teil.

Mit knurrendem Magen fuhr ich Freitag morgens zum CYC um dort auf die Crew, bestehend aus Leopold Fricke (Steuermann), Moritz Fricke, Christoph Müller, Luitpold Müller, Maximilian Grawe und Maximilian Nowak (Ich) - der Einfachheit halber im Folgenden als Poldo, Mo, Mü, Lui, Maxl und Ich bezeichnet. Der Kapitän Poldo und die Crew begrüßten mich mit einem „Guten Morgen“ welches ebenso nüchtern wie unsere Mägen war (mehr dazu gleich). Hochmotiviert widmeten wir uns dem Polieren des Kiels und Ruders von Hand und erhofften uns somit in den frühen Morgenstunden noch ein paar Gramm an Gewicht wegzusporteln. Als die "Spasso" (Bootsname der fricke'schen Asso, Anmerkung der Redaktion) dann segelfertig im Wasser lag, war es so weit. Wir fuhren nach Bernau, um die Meldung abzuschließen und uns unserem bis dato gefährlichsten Gegner zu stellen - der Waage. Donnerstagmittag: Nur 520kg Crewgewicht dürfen wir haben? Nachdem ich mich versichert hatte, dass es sich nicht um einen Scherz handelte, begangen wir zu rechnen … „puh das könnte ziemlich knapp werden“. Bereit, sich notfalls bis auf die Unterhose auszuziehen, um das Gewichtslimit nicht zu überschreiten, kam dann das Ergebnis: 519kg, wir haben es geschafft. Dieser erste Erfolg musste gefeiert werden. Kaum von der Waage holt Lui schon eine Tüte Müller-Brezn aus seinem Rucksack, die uns wieder die Kraft gaben, den ersten Wettfahrttag zu meistern.

Nach kurzer Begrüßung und Steuermannsbesprechnung durch die Wettfahrtleitung ging es wieder zurück zum CYC und zur Spasso. Die Breznpower musste erstmal noch warten, da wir für unseren See völlig überraschend und unüblich auf Wind warten mussten und nicht gleich starten konnten. Nachdem sich nach mehreren Stunden rumsitzen ein leichter Wind aufgebaut hatte kam endlich die Entscheidung der Wettfahrtleitung: „Es geht raus!“ Bei leichtem, aber konstantem Wind fuhren wir auf der Weitsee unser erstes Rennen, in dem wir einen 2. Platz ersegelten. Danach war es für den Tag vorbei und nachdem wir die Spasso klarschiff gemacht hatten, ging es zum traditionellen Freibier von SKH-Prinz Luitpold von Bayern, der mit 1000 Litern Bier dafür sorgte, dass die Segler übers Wochenende alle ausreichend hydriert waren. Bei gutem Essen und guter Stimmung ließen wir so den ersten Abend ausklingen.

Spi Feld red

Samstag, 10 Uhr: Am Wasser tut sich nicht sehr viel. Somit beginnt der zweite Morgen wieder entspannt mit leckerem Salzgebäck der Bäckerei Müller, danach heißt es warten, warten und warten. 16:30: „In einer Viertelstunde gibt es die Entscheidung, ob für heute Schluss ist“. Sicher, dass heute keine Wettfahrt mehr stattfinden wird, machten wir uns, Mü und ich, auf den Weg Richtung heißer Dusche, um uns aufzuwärmen (selbstverständlich zusammen, wir müssen Energie sparen!). Bei Mü angekommen klingelte das Telefon: „Es geht noch mal raus!“, „Mist!“. Mit allem, was im Rahmen der STVO möglich ist, machten wir uns auf den Weg zum Club. Dort angekommen rannten wir vor an den Südsteg und sprangen auf die bereits vorbeisegelnde Spasso auf. Geschafft! Bei schönen Bedingungen mit einem 3 BFT starkem Ostwind klappte das Segeln auch ziemlich gut und wir gewannen das einzige Rennen des Tages. Danach begann die fast schon zur Gewohnheit gewordene Prozedur: Zum CYC segeln, Boot fertigmachen, nach Bernau fahren, Essen und „hydrieren“. Bei einem super „Bayrischen Abend“ mit Spanferkel und Musi ließen wir den Tag ausklingen. Lange ging dieser allerdings nicht, da für Sonntagfrüh laut Vorhersage 22knt angesagt waren und wir dafür abends noch etwas Kraft tanken wollten.

Asso image1 red

Asso image3 red

Asso image5 red

Sonntag, 10 Uhr: Es regnet, es ist kalt, aber zu mindestens hat es Wind. Also Ölzeug an und ab aufs Wasser. Der angesagte Wind war da. Viele Teams wechselten auf die Sturmfock. Sollten wir das auch? Nein! Wir wollen das Ding gewinnen, somit segelten wir und zwei weitere Boote unter „normaler“ Besegelung. Trotz verhältnismäßig schlechterer Platzierungen mit einem 4. und einem 5. Platz bestätigte Maxl, dass die Wahl der Genua die richtige Entscheidung war. Alle an Board stimmten zu. Nach den beiden Rennen herrschte kurzzeitig wenig bis gar kein Wind, weshalb das Warten an Land verschoben wurde. Durchgefroren von den ersten beiden Rennen entscheide ich mich doch noch für eine lange Hose und Pulli unter dem Ölzeug. Gerade im Clublokal angekommen und kurz davor, sich mit einer warmen Tasse Kaffee aufzuwärmen zu können, ertönte der altbekannte Satz „Es geht wieder raus“. Bei mittlerem, aber böigem Wind ging es auf zum Regattakurs, allerdings ließ die einsetzende Starkwindwarnung bereits erahnen, dass das noch nicht alles war. Guter Start, perfekter Speed. Die Bedingungen lagen uns und wir fuhren bei zunehmendem Wind einen ersten Platz ein. Gerade noch rechtzeitig nahmen wir nach der Zieleinfahrt den Spinnacker runter, bevor die erste starke Böe in die Segel knallte. Wir machten uns sofort auf den Weg in den Hafen.

IMG 20221012 WA0005

Nur unter Großsegel und trotzdem drei Mann im Trapez stellt uns die ein oder andere Böe ganz schön auf. Auf den Heimweg passierten wir noch mal die Luvtonne: „Liegt da eine Asso Kiel oben?“, „Sieht so aus!“. Bei einer Bö hatte es anscheinend eine Asso umgehauen, welche nun Kiel oben auf dem See trieb. Die Motorboote des Racecommittees waren bereits als Unterstützung angerückt, weshalb wir wieder unserem ursprünglichen Plan folgten, so schnell wie möglich vom Wasser zu kommen. Im Hafen saßen wir schon fast bei einem kühlen Bier, wovon uns ein Anruf des Wettfahrtleiters mit der Bitte um Unterstützung bei der Bergung der gekenterten Asso abhielt.

IMG 20221012 WA0006

IMG 20221012 WA0007

Noch in Ölzeug sprangen wir auf die Seeschwalbe und machten uns auf den Weg. Trotz reichlich Unterstützung durch Wasserwacht und DLRG tat sich bei der ganzen Sache nicht viel und die Asso lag mittlerweile stabil mit dem Heck oben im Wasser. Nach dem gescheiterten Versuch der Wasserwacht, die Asso einfach am Masten wieder händisch hochzudrücken, wurde schließlich der Rat der Asso-Segler angenommen die mit zwei CYC-Tonnen abgesicherte, aber noch gekenterte Asso nach Bernau zu schleppen. Der Abend endete in Bernau bei einem super Tellerfleisch – genau das richtige bei einem solchen Wetter.

Asso image2 red

Asso image4 red

Letzter Tag: Auf Platz eins liegend müssten wir eigentlich nur noch verteidigen. Erster Start 10 Uhr damit waren noch drei oder evtl. vier Wettfahrten drinnen. Wir rechneten bereits herum: „Eigentlich müssten wir das haben“, „Das könnte noch knapp werden“, … „5 Minuten!“. Jetzt geht’s wieder los. Voller Focus auf die Wettfahrt. Alle Trapezler standen draußen, als auf einmal ein Ruck durch die Spasso ging. Der Maxl hing schon wieder in der U-Back, was beim Lösen einen freien Fall von ca. 30cm mit sich bringt. Nach kurzen Schockmoment versetzten wir uns aber gleich wieder in den Rennmodus. „Perfekt!“ Das erste Rennen des Tages entschieden wir für uns: „Rein rechnerisch ist der erste jetzt gar nicht so schlecht gewesen, am besten ist es, wir machen so weiter“, wurde sogleich im Boot analysiert.

Wir stärkten uns noch kurz mit einem müller´schen Lebkuchen und schon begann die zweite Wettfahrt. Bei abnehmendem Wind und zunehmend schwierigeren Bedingungen erreichten wir in diesem Rennen den zweiten Platz. Jetzt waren wir uns ziemlich sicher, das Ding in der Tasche zu haben, gingen aber mit vollem Fokus in das wahrscheinlich letzte Rennen. „Guter Start … aber irgendwas läuft nicht“ Wir fielen immer mehr hinter die anderen Boote. Bei mittlerweile leichtem Wind checkte ich das Ruder, konnte allerdings nichts feststellen. Der Bootsspeed wurde nicht besser, aber wir schafften dennoch einen siebten Platz in diesem Rennen. Nach dem Beenden des Rennens dann erst mal alle nach Lee. Poldo schaute unter das Boot und holt einen großen Büschel Seegras hervor: „Mist! Aber das passt schon, den Siebten streichen wir“.

Etwas unzufrieden mit dem letzten Rennen, aber grundsätzlich zufrieden mit unserer Leistung machten wir uns auf den Weg zum CYC. Boot auskranen und abdecken. Nach einem Überbrückungsbier ging es dann auch schon nach Bernau zur Siegerehrung. Ein letztes Bier aus der Zapfanlage SKH und dann war es so weit und die Teams wurden ihrer Platzierung nach aufgerufen. Dritter Platz Tomasso (Ungarn). Somit entschied sich der Sieg also zwischen uns und einem italienischen Team. Zweiter Platz Andrea Farina.

Damit war es sicher: Wir sind Europameister!

Mit dem guten Gefühl des Sieges holten wir uns unseren Pokal ab. Schlussendlich gewannen wir die European Open der Asso99 Klasse mit sieben Punkten Abstand zum Zweitplatzierten.

Wir danken dem Bernauer Segelclub Felden für die hervorragende Ausrichtung des Events und allen Teilnehmenden für die spannenden und fairen Wettfahren.

Maximilian Nowak

Lesen Sie auch den Bericht des BSCF