tinasanni02
Ehrliche Freude über gelungene Wettfahrten müssen sich Tina und Sanni wieder neu erarbeiten.
Foto: CYC

Enttäuschung über Olympia-Niederlage gut weggesteckt. Verstoß gegen Chancengleichheit ohne Konsequenz.

 Harte Zeiten waren das für die jungen 470er Seglerinnen Tina Lutz und Susann Beucke. Erfahrungen, die auch ein waschechter Profi erst machen möchte, wenn er psychisch alles wegstecken kann. Nach der wie vom Blitz plötzlich gestarteten Behinderung durch ihre eigenen Teamgefährtinnen Kadelbach/Beucke im Herbst bei der viel entscheidenen Weltmeisterschaft in Perth folgten Diskussionen, die ganz Segeldeutschland bewegten und zu noch nie dagewesenen Reaktionen in Blogs führten. Eine letze Chance gegen ihr
Ausscheiden bei der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 ist durch das Hamburger Landgericht nun nicht erfüllt worden.

Diese Angriffe erreichten sie in bester Top-Ten Lage. Da zuvor Stallorder erteilt wurde, hofften die beiden auf ein Machtwort des Deutschen Seglerverbandesm, wurden jedoch immer wieder vertröstet, bis die Regatta und alle Chancen vorbei waren (wir berichteten). "Unfaire Situation" und der Ruf nach Chancengleichheit unzähliger Untertsützer ermutigte den Rennstall Lutz/Beucke mit ihren Unterstützern, Chiemsee Yacht Club und Hannoverscher Yacht- Club, dies vom Hamburger Landgericht klären zu lassen.

Das Gericht folgte den Argumenten, die Situation wäre unfair gewesen und schloß nicht aus, dass der DSV gegen seine Pflicht verstoßen hatte, die Anwärter gleich zu behandeln. Doch dies reichte nicht aus, um die Nominierung für die Spiele in London umzudrehen. Aller Chancen beraubt beendeten die beiden Mädchen noch auf der Regattabahn in Spanien ihre 470er-Karriere. Und schmieden schon längst Pläne und Konzepte für die neue Chance: Die gerade zum Olympia-Skiff für 2016 nominierte Damen-Variante des 49er: Der 49erFX. Sanni hat als Vorschoterin schon viel Erfahrung im 29er Skiff gesammelt, bevor sie 2007 mit Tina zusammen in ein gemeinsames Boot gestiegen ist.

Nie mussten die beiden Mädchen jemals über ihr Ziel, Olympia 2012, reden. Das war eine Selbstverständlichkeit und die Anstrengung der Eltern sowie der Clubs baute sich mehr und mehr auf. Rückschläge waren der Umstieg vom 420er in ihren 470er "Zebra" im Jahr 2008, den sie sich leichter vorstellten. Und der Wiedereinstieg nach dem Abitur 2010, der zeigte, dass man als Profi kein bisschen Schlafen darf.

Dafür waren die Higlights so persönlichkeits- und teambildend, dass diese Segelfrundschaft eine satte Basis geworden ist: Motivationsschübe kamen nicht nur von Traumergebnissen, wie bei dem ersten Wettfahrtsieg auf der Weltmeisterschaft in Dänemark 2009 oder durch andere Topplatzierung, vor allem im Medal-Race letztes Jahr auf der Kieler Woche. Motivierend waren auch Erlebnisse beim Training in Gibraltar, als die beiden von einer wahren Horde von Delphinen begleitet wurden- oder Regatten, wie die in Australien, bei denen einfach alles passte. Die beiden sogen auch alles auf, was das erstmals in der Deutschen Geschichte erschaffen porfessionelle Sailing Team Germany für sie
bereit hielt: Teamgeist auf einer Ebene, die internationalem Vergleich bestens standhält, wissenschaftliche Unterstützung, die dem Spitzensegeln in Deutschland einen deutlichen Vorschub erteilte und eine effektive Organisation wie sie sich ein Top-Unternehmen wünschen würde. Da hineingeschnuppert zu haben, machte die beiden Mädchen mit ihren zarten 20 Jahren zu Top Performern.

Das gilt es jetzt nun bedächtig, jedoch nach einer Orientierungspause schnell, zu einem neuen Rennstall im Olympiaskiff wieder zusammen zu setzen. Die Unterstützer werden derzeit eingeweiht und für den neuen Weg motiviert. Das Material wird schon von den Vätern begutachtet. Diese Richtung wird immer wahrscheinlicher.

Die Mädchen können schon fast an nichts anderes mehr denken. Nach den Spielen im Sommer werden ihre ganzen Weggefährtinnen und Freundinnen auch Entscheidungen treffen. Vielleicht die gleichen wie Tina und Sanni.

Dann sind sie wieder auf ihrer Welle

Martin Blum